Change-Management: Sieben Ansätze, mit denen die Verwaltung und Ihre Mitarbeiter wirklich digital werden
Veröffentlicht am 16.03.2020
Die deutsche Verwaltung muss digitaler werden. Das ist nicht nur ein lang gehegter Bürgerwunsch, sondern seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (OZG) auch von der Bundesregierung festgelegt. Damit Ämter und Behörden den entscheidenden Schritt in Richtung Digitalisierung gehen, braucht es jedoch mehr als nur neue Technologien: Vor allem die Verwaltungsmitarbeiter sind entscheidend für eine erfolgreiche Umstrukturierung.
Zusätzlich zu den technischen und finanziellen Grundvoraussetzungen sind klare Ansätze nötig, um einen erfolgreichen Change-Prozess innerhalb der Verwaltung anzustoßen. Besonders entscheidend: eine handfeste Strategie mit festgelegten Zielen. Nur wer mit Plan und Struktur digitalisiert, kann den Wandel meistern, sich immer wieder selbst überprüfen und dabei Kollegen mitnehmen.
Diese sieben Ansätze können helfen, E-Government voranzutreiben:
1. Der Bürger im Mittelpunkt
Bei allen Anstrengungen für die Digitalisierung der deutschen Verwaltung sollte eines nicht aus dem Fokus rücken: Die vereinfachten und beschleunigten Verwaltungsdienste müssen das Leben des Bürgers nachhaltig verbessern. Am Anfang jeder Digitalisierungsstrategie steht demnach die Frage nach dem Mehrwert für die Zielgruppe – also die Bevölkerung. Nur wenn sich Verwaltungen während des Change-Prozesses immer wieder vor Augen führen, für wen sie eigentlich digitalisieren, können lösungsorientierte und bürgernahe Services entstehen, die sowohl digitalen Standards entsprechen als auch den Schutz der Bürgerdaten berücksichtigen und für zufriedene Nutzer sorgen.
2. Raum für Innovationen
Ohne konkrete Zielvorgaben, Planungsschritte und eine Evaluierung kann das Mammutprojekt digitale Verwaltung nicht gelingen. Auch bei allem strukturierten Vorgehen dürfen zwei Dinge nicht auf der Strecke bleiben: der Raum für Innovationen und die Chance, Dinge auszuprobieren. Da Behörden und Ämter in Deutschland stark reguliert sind, ist dies zwar eine besondere Herausforderung – jedoch unerlässlich, um nachhaltig neue Konzepte entwickeln zu können. Eine Möglichkeit, um diesen Spagat zu bewältigen: Eine kleine Gruppe von IT-Experten wird (teilweise) abgestellt, die sich bewusst Innovationen widmet und unter möglichst geringem zeitlichem und finanziellem Druck an neuen Lösungsansätzen arbeitet.
3. Neue Technologien da nutzen, wo es Sinn ergibt
Blockchain, künstliche Intelligenz, Cloud: nur drei von vielen Schlagwörtern der Digitalisierungsdebatte. Neue Technologien können in der Verwaltung tatsächlich Großes bewirken – wenn sie angemessen eingesetzt werden. Entscheidend: diese Technologien nicht nur um ihrer Existenz willen zu integrieren, sondern zunächst abzuwägen, wo sie sich sinnvoll einsetzen lassen, um Verwaltungsleistungen zu unterstützen und Mitarbeiter zu entlasten. Vollends ersetzen sollen Blockchain und Co. Mitarbeiter jedoch nicht – das wäre sogar fahrlässig. Soziale Kompetenzen bleiben eine Schlüsselqualifikation im Verwaltungsberuf. Nur wenn innovative Technologien konstruktiv mit menschlichen Fähigkeiten verknüpft werden, kann ein echter Mehrwert für Bürger und Verwaltung entstehen.
4. Verwaltungsmitarbeiter fördern, fordern und einbinden
Neben der rein technischen Komponente der Verwaltungsdigitalisierung sind die Verwaltungsmitarbeiter das entscheidende Zahnrad für eine erfolgreiche Umsetzung der OZG-Ziele: Sie müssen nachhaltig, fachlich fundiert und sozial korrekt weitergebildet, um- und neu geschult werden. Dazu gehört auch, sie frühzeitig an Umstrukturierungs- und Digitalisierungsvorhaben zu beteiligen, sie aktiv in Projektgruppen einzubinden, um ihnen Ängste zu nehmen und den Mehrwert der Digitalisierung bewusst zu machen. Doch nur wer sich weiterentwickeln will, kann in den kommenden Jahren E-Government mit auf den Weg bringen.
Welche Kompetenzen zukünftig besonders wichtig werden, erklärt Prof. Dr. Thomas Meuche, Studiengangleiter für „Digitale Verwaltung“ an der Hochschule Hof im Interview mit der Bundesdruckerei.
5. Digitalisierung zum Führungsthema machen
Um die Relevanz des Themas innerhalb von Ämtern und Behörden sicherzustellen, sollte es für die Führungsebene Digitalisierungsziele geben. So entstehen erstens Vorbilder für Mitarbeiter, zweitens positive Effekte nach außen. Zudem sollten wichtige Entscheidungen im Zuge der Digitalisierung möglichst aus einer Hand getroffen werden. Dies gelingt nur, wenn auf Führungsebene klare Verantwortlichkeiten zugewiesen sind.
6. Zusammenarbeit mit anderen Behörden
Nicht jede kleine Kommune kann die Speerspitze der Digitalisierung sein. Umso wichtiger sind sowohl die Zusammenarbeit mit obersten und oberen Bundesbehörden als auch der interkommunale und -behördliche Austausch – psychologisch und praktisch. So können erfolgreiche Digitalisierungskonzepte als Antrieb für kleinere Ämter dienen und gleichzeitig als eine Art Werkzeugkasten weitergegeben werden – und Kommunen von bewährten Lösungsansätzen großer Verwaltungen profitieren.
7. Auch die Regierung kann helfen
Mit dem Verabschieden des Onlinezugangsgesetzes hat die Bundesregierung einen wichtigen Schritt in Richtung digitale Verwaltung getan. Weitere rechtliche Vorgaben sind für die zügige und bestmögliche Zielerreichung einer digitalen Verwaltung nötig. Dazu gehört beispielsweise die sogenannte Registermodernisierung. Bedeutet: Behörden können untereinander Verwaltungsdaten von Bürgern, die in unterschiedlichen Registern liegen, austauschen. Der Vorteil für den Bürger: Seine Daten müssen nicht immer wieder aufs Neue in Systeme eingetragen werden (Once-Only-Prinzip). Das spart viele manuelle Prozesse innerhalb der Verwaltung und viele zeit- und nervenraubende Behördenbesuche für den Bürger und wäre ein bedeutsamer Meilenstein für die digitale Zukunft der Verwaltung.