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Frau mit Kindern am Tablet Tisch zu Hause

Telemedizin: mehr als ein virtueller Hausbesuch

Veröffentlicht am 11.05.2020

Wer würde sich nicht gerne das Wartezimmer beim Arzt ersparen? Warten kostet wertvolle Zeit, birgt Ansteckungsrisiken – und der Weg in die Praxis belastet bereits kranke Patienten zusätzlich.

Telemedizin wird immer mehr nachgefragt

Viele Menschen trauen sich trotz Krankheit wegen der Corona-Krise kaum zum Arzt. Die einen haben Angst vor einer Ansteckung, andere wiederum hegen – oft unbegründete – Zweifel, ihre Beschwerden seien angesichts der aktuellen Situation nicht ernst genug. Wer bei einer der offiziellen Hotlines Fragen zu Corona stellen will, braucht vor allem Geduld. Und selbst ohne Pandemie gibt es manches Hemmnis für den Austausch mit Medizinern – etwa die geringe Ärztedichte in vielen ländlichen Gebieten. Die naheliegende Frage lautet also: Was sind die digitalen Alternativen und Initiativen?

Der Gesetzgeber hat mit dem Digitale Versorgung-Gesetz (DVG), das am 19. Dezember 2019 in Kraft getreten ist, den Weg für den Einsatz der Telemedizin geebnet. Damit haben alle Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen Anspruch auf die Versorgung durch digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA). Die Zahl der spezialisierten Videodienstanbieter und ihrer Services wird größer. Und immer mehr normale Arztpraxen bieten Telemedizin an.

Videosprechstunden etwa sollen dabei keinesfalls Vor-Ort-Sprechstunden ersetzen. Sie sind auch nicht zur Therapie schwerer Erkrankungen geeignet. Doch sie können bei der Ersteinschätzung helfen und so viele Kurzbesuche mit langer Wartezeit ersetzen. Durch die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten ist Telemedizin eine sinnvolle Ergänzung bei der medizinischen Betreuung und Behandlung von Patienten.

Videosprechstunde und E-Rezept – bequem von zu Hause aus

Hat der Patient die App seiner Wahl auf dem eigenen Smartphone, Tablet oder PC installiert, kann er bei einem Arzt mit entsprechendem Angebot schnell und unkompliziert einen Termin für eine Videosprechstunde vereinbaren. Für die Sprechstunde braucht es zusätzlich zu einer stabilen Internetverbindung lediglich ein Headset mit Mikrofon. Nach der Videosprechstunde kann der Arzt ein elektronisches Rezept ausstellen, digital signieren und an die Wunschapotheke des Patienten senden. Die Apotheke wiederum hat sofort Zugriff auf das E-Rezept, kann den Vorgang bearbeiten und das Medikament anschließend an den Patienten nach Hause schicken. Die Bundesregierung plant, E-Rezepte ab Januar 2022 bundesweit verpflichtend zu machen.

Mit Telemonitoring Therapien und Behandlungen unterstützen

Die Telemedizin bringt Patienten, Ärzten und Apothekern noch viele weitere Vorteile. Mit dem sogenannten Telemonitoring – sei es per App oder durch den Einsatz anderer digitaler Medizingeräte – kann der Patient dem behandelnden Arzt relevante Messdaten einfach digital übertragen. Seit diesem Jahr können Ärzte nützliche Apps sogar offiziell verschreiben, beispielsweise für die Bestimmung von Blutzuckerwerten von Diabetikern, die Blutdruckmessung oder schlichtweg zur Erinnerung an die Medikamenteneinnahme.

Zudem können Mediziner spezielle Therapien, Nachsorge und Rehabilitation begleiten, wie in der Kardiologie und Psychotherapie. Im Rahmen der Teleradiologie kann ein Arzt digital auf Röntgen- oder CT-Aufnahmen zugreifen. In der sogenannten telekonsiliarischen Befundbeurteilung wiederum können sich gleich mehrere Mediziner vernetzen, um radiologische Untersuchungen gemeinsam auszuwerten und danach – sofern nötig – weitere Schritte einzuleiten.

Hohe Sicherheitsanforderungen für Telemedizin-Anwendungen

Nutzer müssen sich bei allen Anwendungen der Telemedizin jederzeit darauf verlassen können, dass die eingesetzte Software sowie die digitale Kommunikationsverbindung den hohen Sicherheitsvorgaben des Gesetzgebers gerecht werden. Technologie muss Patientenanliegen streng vertraulich behandeln –wie es der Arzt tun würde. Sogenannte Zertifizierungsstellen überprüfen, ob Anbieter von Telemedizin-Apps und Videodiensten diese hohen Daten- und Sicherheitsstandards erfüllen. Nur wer alle Bedingungen erfüllt, bekommt einen gültigen Prüfnachweis. Die Sicherheit der Patientendaten soll dabei die Telematikinfrastruktur (TI) – das digitale Gesundheitsnetz für Deutschland – gewährleisten.  Zu dieser besonders gesicherten digitalen Datenplattform – die als Basis für Anwendungen der Telemedizin dient – haben nur registrierte Nutzer aus Heilberufen mit speziellen digitalen Ausweisen Zugang. Die Kommunikation findet dabei über eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung statt. Ärzte brauchen den elektronischen Praxisausweis SMC-B (Security Module Card - Betriebsstätte), um sich in die TI einzuloggen, und können dann mit anderen Ärzten und Krankenhäusern Patientenakten austauschen oder ein E-Rezept an die Apotheke schicken. Wenn der Arzt außer über den SMC-B-Ausweis auch über den elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) verfügt – die beide bei der Bundesdruckerei-Tochter D‑TRUST bezogen werden können –, kann er auch medizinische Dokumente digital signieren, beispielsweise den E‑Arztbrief. Mit diesen Lösungen des digitalen Austauschs kann viel Zeit für alle Beteiligten eingespart werden.

Rechtliche Bedingungen geschaffen – Telemedizin nimmt Fahrt auf

Der Gesetzgeber, Ärzte- und Patientenverbände sowie Krankenkassen haben in den vergangenen Jahren wichtige Regelungen zur Anwendung und zum Ausbau der Telemedizin auf den Weg gebracht. Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC sah schon 2018 in ihrer Studie „Future Health“ die Telemedizin vor dem Durchbruch. Und laut Dr. Florian Weiß, Geschäftsführer des Telemedizin-Anbieters jameda, hat sich die Zahl der Videosprechstunden zuletzt in wenigen Wochen versechsfacht. Dazu passt eine aktuelle Civey-Umfrage im Auftrag des Tagesspiegels, nach der inzwischen die knappe Mehrheit der Deutschen Telemedizin nutzen würde. Jetzt braucht es deutschlandweit nur noch überall gute und stabile Netze für die digitale Kommunikation. Schließlich soll sich der Wartebereich einer Praxis nicht ins eigene Wohnzimmer verlagern.

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