Mit der Fertigungsstraße schneller zur digitalen Verwaltung
Die öffentliche Verwaltung in Deutschland soll zügig digitaler werden. Damit Bürgerinnen und Bürger Behördengänge bequem und sicher von zuhause aus online erledigen können und Unternehmen Zeit und Kosten für Bürokratie sparen. Das sind die zentralen Vorgaben des Onlinezugangsgesetzes (OZG). Wie die Umsetzung gelingt, ist jedoch den Behörden selbst überlassen.
Nun könnte jede Behörde auf eigene Faust Antragsformulare und Sachbearbeitungsprozesse digitalisieren – oder das Bundesportal und die sogenannte Fertigungsstraße der Bundesdruckerei nutzen und sich „ins gemachte Nest setzen“, wie Dorothea Schneider es ausdrückt. Sie leitet das Solution Management Team Digital Government bei der Bundesdruckerei-Gruppe.
Fertigungsstraße der Bundesdruckerei – das klingt nach einer Produktionsanlage, die am Ende womöglich frisch gedruckte Reisepässe oder Führerscheine auswirft. Doch das Ergebnis ist kein Druckwerk, sondern ein digitales Produkt, etwa ein digitalisiertes Formular, das eine Behörde dann im Bundesportal online stellen kann.
Formulare digitalisieren – einfach wie Brezeln backen?
Die Idee, Bundesbehörden bei der Digitalisierung mit einer Formular-Fertigungsstraße zu unterstützen, entstand im Bundesministerium des Innern und für Heimat. Ein Staatssekretär habe damals die Devise ausgegeben: „Formulare zu digitalisieren, muss so schnell und einfach gehen, wie Brezeln backen“, erzählt Schneider.
Die Lösungsmanagerin mag den Brezelvergleich, schränkt jedoch ein, dass es so einfach dann doch nicht funktioniert. „Ja, die Umwandlung vom Analogen ins Digitale ist technisch schnell erledigt. Aber die große Herausforderung ist die Vorabklärung der fachlichen Anforderungen. Dabei müssen etwa Datenschutz und andere rechtliche Grundlagen berücksichtigt werden, zudem Barrierefreiheit und Nutzungsfreundlichkeit.“ Diese Aspekte besprechen Fachkundige bei der Bundesdruckerei mit den Auftraggebern. Das Team der Fertigungsstraße versteht sich als Möglichmacher und Vermittler zwischen den Behörden und der IT. Wenn alles geklärt ist, läuft der Digitalisierungsprozess teilautomatisiert ab.
Bis jetzt (Stand Oktober 2024) hat das Team der Fertigungsstraße schon rund 49 Bundesbehörden unterstützt und mehr als 290 digitale Formulare erstellt. Das derzeit am häufigsten abgerufene Formular ist der Antrag auf einen Integrationskurs. Für dieses sehr wichtige Angebot, das Geflüchteten und Zugewanderten das Einleben in Deutschland erleichtert, ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuständig.
Die digitalen Formulare stehen dann im Bundesportal zur Verfügung, der zentralen Verwaltungsplattform des Bundes, welche ebenso Landes- und Kommunalleistungen abbildet. Bürgerinnen und Bürger, ebenso Unternehmen, finden im Bundesportal übersichtliche und einfach verständliche Informationen zu sämtlichen Verwaltungsleistungen in Deutschland. Viele Leistungen in Zuständigkeit der Bundesbehörden können sie direkt im Bundesportal online beantragen. Für Leistungen der Länder und Kommunen werden sie auf deren Webseiten weitergeleitet. Jede Behördenangelegenheit, die durchgängig online erledigt werden kann, spart einen Gang zum Amt und steigert die Effizienz der Sachbearbeitung.
Formularerstellung im Baukastenprinzip
Die Vorteile der Fertigungsstraße der Bundesdruckerei liegen auf der Hand: Die Behörden profitieren vom Know-how der Fachleute und IT-Entwickler bei der Bundesdruckerei und von der IT-Infrastruktur mit teilautomatisierten Prozessen. Sie bekommen Service und Updates, müssen sich im Wesentlichen nur noch um die inhaltliche Aktualität ihrer Formulare kümmern. Mit diesem „Rundumsorglospaket“ der Fertigungsstraße werden Verwaltungsvorgänge kosteneffizienter und komfortabler.
Bald soll allen Behörden darüber hinaus direkt ein Produkt zur Verfügung gestellt werden, mit dem sie eigenständig digitale Formulare und Anträge für das Bundesportal erstellen können – ganz einfach nach dem Baukastenprinzip. „Die Benutzeroberfläche ist intuitiv bedienbar. Anwender und Anwenderinnen können zukünftig per Drag and Drop die passenden Formularfelder zusammenstellen, per Vorschau überprüfen und im Bundesportal produktiv stellen“, sagt Produktmanagerin Rebekka Gerlach aus dem Team von Dorothea Schneider. Derzeit läuft ein Pilotprojekt mit Bundesbehörden als Testkunden. Ziel des Teams ist es, mit dem ersten Quartal 2025 den Formularbaukasten einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
Ihre Ansprechpartnerin
Maria Konrad (maria.konrad@bdr.de)
+49 (160) 4001507
Einer für Alle: Nachnutzung spart Aufwand und Kosten
Besonders effizient ist die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, wenn nicht jede Behörde ihre eigenen Lösungen strickt, sondern Bewährtes von anderen übernimmt. „Nachnutzung“ heißt das im Fachjargon. Eingängiger ist die Umschreibung „Einer für alle“, in der Fachcommunity, kurz EfA genannt. Dabei werden auch Synergien zwischen den Behörden von Bund, Ländern und Kommunen genutzt.
Ein EfA-Pilotprojekt der Bundesdruckerei mit dem Land Hamburg ist die Digitalisierung der Verlustmeldung für den Personalausweis. Das ist ein Standardvorgang, der in jedem Bundesland gleich abläuft. Das vom Land Hamburg bereitgestellte Digitalformular könnte dann von anderen Bundesländern übernommen werden.
„Jeder online breitgestellte Antrag erspart Behördengänge. Deshalb wird das Bundesportal umso attraktiver, je mehr Behörden sich mit ihren digitalen Leistungen eingliedern“, verdeutlicht Schneider. Gleichzeitig wird das Bundesportal inhaltlich und funktional stetig ausgebaut. „Unser Anspruch ist es, Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen dort stets die aktuellen Informationen zu allen Behördendienstleistungen bereitzustellen, außerdem noch mehr digitale Formulare zu integrieren. Künftig möchten wir alle Funktionen digitaler Verwaltungsvorgänge abbilden können, beispielsweise das Siegeln von Dokumenten und digitales Bezahlen“, sagt Schneider.
Für Behörden oder staatliche Institutionen deren Usecase nicht vom Bundesportal abgedeckt werden kann, soll es künftig möglich sein, dessen technisches Grundgerüst als Blanko-Version zu übernehmen und mit denselben Funktionen, aber im eigenen Erscheinungsbild als eigenständiges Portal zu betreiben. Nutzer des Bundesportals würden direkt weitergeleitet und den Übergang kaum bemerken, weil sie sich nicht auf einer völlig anders aufgebauten Webseite neu orientieren müssten. „Hier geht es um das bestmögliche Nutzungserlebnis“, verdeutlicht Schneider.